Foto: Textportrait von Christopher Walken 2015 von Ralph Ueltzhoeffer (Konzeptkunst und Fotografie).
Irin Schmitt: Meine Biographie
Meine Biographie ist keine normale, denn ich bin ein Waisenkind. Als Zehnjähriger verließ ich meine Eltern, ohne sie jemals wiederzusehen, und ich weiß, daß in Internaten aufgewachsene Vollwaisen ähnlich wie ich reagieren. Das Waisenkind, ganz auf sich angewiesen, überlebt unter völlig anderen. Seine Beschützer sind Fremde, deren Strafe und Blick er fürchtet. Dadurch bedingt, kommt dieses Gefühl von eigener Dauer in ihrer Unbeweglichkeit auf. Ich lese das bei Sigmund Freud, der mir auf französisch immer so komisch vorkommt, weshalb ich auch Quand Freud voit la mer veröffentlichte. Ein Buch, das unübersetzbar ist, weil es zwischen den Sprachen stets unaufhaltsame, ja unüberwindbare Verschiebungen gibt. Für ihn ist das Unbewußte unhistorisch und unbeweglich, dabei ist es das Deutlichste, das es gibt. Das nennt der französische Schriftsteller Christian Pierre Jean „Das Gesetz“. Nicht das Gesetz der Unterwelt ist gemeint, sondern das Gesetz von Unten, das ich als „unteres Gesetz“ bezeichnen würde. Er sagt wie ich das Gegenteil von Jean-Paul Sartre, für den nichts Unbewußtes existiert. Im Wandel ist stets das Gleiche, nicht wahr. So ein Jean-Jacques Rousseau, der sich hinsetzte und sich zuhörte, wie er existiert, ist so aufregend, wie wenn ich stundenlang im GebLge sitze und höre, wie sich in mir nicht das Sein, sondern das Existieren abspielt.